Die Entschleunigung und die Fotografie
von Ulrike Lohmann
Corona und die Fotografie
Corona ist ein mieser Hund, dieses Virus lauert überall und bringt uns in Bedrängnis, wenn wir doch eigentlich Kontakt wollen. Wir können und sollten uns nur über den Sicherheitsabstand von mind. 1,5 m unterhalten und dies auch nur unter bestimmten Umständen und eigentlich eher nicht.
Jeder Tag bringt neue schlechte Nachrichten, nirgendwo können wir gedanklich entspannen, dieses Thema beherrscht unseren Alltag. Dieses seit nun einem ganzen Jahr.
Die spannende Jahreszahl 2020 ist zu einer Jahreszahl geworden, die in die Geschichtsbücher eingehen wird. Wir mitten drin. Wenn wir uns kaum mehr von den kreisenden Gedanken um die Welt und unsere Lieben lösen können, ist die Fotografie ein wunderbarer Ausstieg aus dem Kreislauf.
Wenn mir dieses Thema zu nahe geht, dann nutze ich genau diese Lösung des Fotografierens für mich. Es ist die Lösung, sich auf eine andere Gedankenreise zu begeben, in die Welt der Motive, Eindrücke, des Lichts und der eigenen Wahrnehmung.
Dann entsteht Entschleunigung. Die Entschleunigung, wenn wir uns aus dem schnellen anstrengenden Alltag herauslösen und uns ganz mit einem Motiv beschäftigen.
Im Moment ist die Traumzeit für FotografInnen!
Selten sind sonst belebte Orte so leer und begehrte Motive bieten freie Sicht! Das Licht, das viele Orte in besonderes Licht taucht, bietet viele wunderbare Ansichten, ohne, dass sich jemand mit seiner Kamera in dem Moment dazwischen schiebt, wo wir gerade auslösen wollten.
Wo finde ich fotografische Entschleunigung?
Als FotografInnen finden wir überall Motive. Wenn nicht, ist das schon der erste Schritt der Entschleunigung; die Suche nach dem geeigneten Motiv oder der geeigneten Idee für ein Motiv.
Es ist egal, ob ich mich in der Wohnung einmal mit neuen Fototechniken beschäftige, oder in festlich beleuchteten Innenstädten umsehe. Der Garten bietet sich an (er bietet sich ja immer an), der Wald, der Stadtpark oder eine Lichterkette.
Mit der Kamera losgehen, ist immer ein Zeitgewinn, den jede/-r für sich verbuchen kann. Für mich kann ich sagen, dass ich mich auf eine Reise zu mir begebe. Wenn ich fotografiere, dann bin ich nur mit dem, was ich sehe, was ich ausdrücken will und der Kamera beschäftigt. An andere Dinge denke ich nicht, die sind für diese Zeit ausgeschaltet.
Je nachdem, wo ich mich gerade befinde, sind das nur ein paar Minuten oder auch mehrere Stunden.
Advent in der Lichterstadt Lüneburg
Gerade jetzt, in der Adventszeit, ist die Hansestadt Lüneburg besonders schön ausgeleuchtet und bietet viele Motive und schöne Ansichten, die einen langen Aufenthalt an der frischen Luft garantieren. Nun kann ich schon den Aufschrei hören, dass wir doch die Innenstädte meiden und zu Hause bleiben sollen. Das stimmt auch. Es ist aber auch so, dass bei geschlossenen Geschäften nur wenige, sehr wenige Menschen unterwegs sind, kaum Jemand interessiert sich für eine geschlossene Innenstadt. Ein Traum für FotografInnen.
Fotografische Entschleunigung in der Natur
Meine Besuche in der Stadt sind selten, viel lieber bin ich im Garten, im nahen Wald oder am Wasser unterwegs. Es gibt im Moment kaum etwas entschleunigenderes als die Beschäftigung mit Vögeln als Motiv.
Dabei dürfen wir uns nur langsam bewegen, beobachten Hecken und Bäume, hören auf Vogelklänge und versuchen, sie zu orten. Sie haben noch nie Vögel fotografiert?
Versuchen Sie es, es ist eine spannende Beschäftigung, bei der es viel zu lernen gibt.
Sie müssen sich mit Gewohnheiten der Tieres auseinandersetzen.
Wo sitzen sie?
Warum halten die Meisen selten still?
Warum warnt die Amsel alle anderen?
Wichtig ist der passende Standort.
Wechseln wir den Standort für eine kleine Entfernung, entstehen plötzlich neue Ansichten. Wie hier bei den benetzten Spinnweben; plötzlich funkeln die Tropfen wie Perlen, denn das Licht bricht sich anders.
Später, wenn zu Hause die Bilder gesichtet sind, heisst es, sich mit den Ergebnissen auseinanderzusetzen.
Auch eine spannende lehrreiche Möglichkeit, sich aus der Corona-Welt raus zu halten.
Unter Umständen kommt das Aushalten der Enttäuschung dazu, wenn Fotos nichts geworden ist, oder das Aushalten der Freude über dieses eine besonders gelungene Foto.
Über die missratenen Bildern lernen wir etwas für das nächste Mal.
Das Motiv des Fotografen ...
... ist im Grunde unwichtig, denn alles, was uns aus der negativen Gedankenspirale in die Welt der Kreativität bringt, entschleunigt unser Gewahrsein für den Moment.
Das ist der Moment, wo sich Zufriedenheit und Ruhe einstellen. Das ist die Zeit, in der wir uns entschleunigen und auf uns und unser Tun besinnen!
Denn das ist mein Wunsch an Sie, liebe LeserInnen, FotografInnen, Kreative -